Dienstag, 29. Oktober 2013

Tanz der Wespe (von Dark Territory)

Ich kann sie sehen. Sie sind überall um mich herum. Schnellen Schrittes hetzen sie durch die Innenstadt, halten krampfhaft an ihren Tüten fest und pressen sie eng an ihre Leiber. Es macht den Anschein, als würden sie die Tüten beschützen wollen. Es herrscht Angst.
Ich kann sie riechen. Ein Mann mittleren Alters geht an mir vorbei. Der Geruch von Schweiß und zu viel aufgetragenem Parfüm vermischt sich und erreicht meine Nase. Ich nehme einen tiefen Atemzug und verziehe kaum merklich das Gesicht. Es riecht nach Leben.
Ich kann sie hören. Die Einkaufstüten rascheln, während sie mit schweren Schritten den nächsten Laden stürmen.
Ein kleines Kind schreit. Die Mutter brüllt zurück. Der Vater steht mit rotem Kopfe da. Es ist laut.
Angst ist unser wertvollstes Gut. Es lässt uns aufhorchen und vorsichtiger werden. Angst weckt den Mut in uns.
Menschen, die sich vor etwas fürchten, sind die gefährlichsten. Doch gleichzeitig sind sie schwächer.
Durch Angst kann man einen Menschen brechen. Er wird gefügig und du hast die Kontrolle über seinen Willen.
Du hast Macht.
Diese Macht wird dich in einen Rausch versetzen, den du niemals vergessen wirst.
Kostest du ein einziges Mal davon, wirst du diese Droge immer wieder haben wollen.
Ich kostete davon und nährte mich von diesem Tage an von der Angst des Menschen.
Jeder Angstschimmer, der in den Augen meiner Opfer glimmerte, brachte mich der Ekstase einen Schritt näher.
Wie viele Male war ich schon im Rausch dieser Droge gefangen? 30- 40 Mal?
Ich weiß es nicht. Doch ich weiß eines: Ich brauche mehr Angst, um das Gefühl der Macht wieder zu erlangen.
Und wo herrscht größere Angst, als bei einer Massenpanik?
Ich schrecke aus meinen Gedanken, als ein junger Mann mich beim Vorbeigehen anrempelt.
Die Zeit ist gekommen.
Langsam führe ich meine Hand zum Gürtel, an der meine Pistole befestigt ist und streichle sie mit meinen Fingerkuppen. Meine gute alte SIG SAUER P226. Rückstoßlader, 9 mm Kaliber und eine 12 Patronen Magazinfüllung.
Ein letztes Mal atme ich tief ein, dann löse ich meine SIG SAUER vom Gürtel und visiere das Kind an, welches noch immer schreit. Tiefe Vorfreude macht sich in mir breit und ein Schuss löst sich.
Der Knall ist laut, doch er geht in der lauten Menge unter. Der Rückschuss lässt meine Arme etwas nach oben schellen und die Patrone erreicht ihr Ziel.

Ich kann förmlich erkennen, wie sich das Geschoss einen Weg ins Zentrum des Kopfes bohrt. Sehe, wie die Haut durchtrennt wird, das darunter liegende Fleisch zerfetzt und die Patrone schlussendlich im Gehirn stecken bleibt.
Blut spritzt der Mutter ins Gesicht, als das Kind nach hinten kippt. Stocksteif bleibst sie stehen, ihre Augen leer.
Sie kann das Geschehene nicht begreifen. Des Vaters roten Kopfe weicht die Farbe. Blass wird er, seine Augen weiten sich und der Mund steht im offen.
Nun verzerrt sich das Gesicht der Mutter. Fassungslosigkeit weicht der Angst. Angst um das Kind.
Sie kniet nieder, betastet das blutende Kind, doch es regt sich nicht. Die Mutter schaut auf ihre Hände, sie sind Blutdurchtränkt. Sie schreit. Tränen laufen ihre Wange hinunter und sie umklammert den leblosen Leib des kleinen Jungen. Immer wieder ruft sie seinen Namen, doch er wird sie nicht hören können. Der Vater steht noch immer reglos daneben, er steht unter Schock.
Die Menge ist stehen geblieben, schaut sich das Schauspiel aus nächster Nähe an.
Alles ist still, noch herrscht Ruhe.
Auch sie haben noch nicht realisiert, was gerade vor sich geht.
Das gesamte Bild, welches sich mir gerade bietet, erregt mich. Ich spüre, wie sich das Blut in einer bestimmten Region bei mir sammelt und wie sich mein Hosenstall immer mehr ausfüllt.
Ich keuche vor Lust, nachdem die Mutter erneut aufschluchzte und Verzweiflung in ihren tränenverschleierten Augen schimmerte.
Das turnte mich noch mehr an, als ich es mir erhofft hatte.
Nun schien auch die Menge aus ihren Beobachtungen aufzuwachen und Panik macht sich breit.
Eine Frau, welche nur wenige Meter von der Familie steht, schreit auf und läuft panisch weg.
Es sieht aus, als würde ein Ruck durch die Menge gehen, denn plötzlich herrscht ein wildes durcheinander und Schreie bahnen sich ihren Weg an mein Ohr. Die Menge setzt sich panisch in Bewegung.
Eine Frau mittleren Alters wird zu Boden geschupst, Passanten trampeln unabsichtlich auf sie herum, keiner hilft ihr auf. Als ein riesiger Fleischklotz, der wohl eindeutig zu viele Burger in seinem Leben gesehen hat, auf ihr Gesicht tritt, verstummen ihre nicht gehörten Schreie und eine Blutlache breitet sich unter ihrem Kopfe aus.
Als ich meinen Kopf zur rechten Seite drehe, sehe ich dasselbe Bild.
Überall herrscht Panik.
Ich breite meine Arme aus und drehe mich langsam im Kreis. Ein paar Male werde ich angerempelt, doch es stört mich nicht. Ich schließe die Augen und spüre den Wind auf meiner Haut. Ich höre die Schreie, spüre die panischen Bewegungen und kann die Angst beinahe schmecken.
Die Lust breitet sich überall in meinen Körper aus, die Macht umhüllt mich.
Ich verdrehe genüsslich die Augen, als ich komme und sich das warme Sperma in meiner Hose breit macht.

Ungesehen entferne ich mich und ein Grinsen legt sich auf mein Gesicht.
Niemand achtet auf mich, da sie alle zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind.
Egoismus gepaart mit Angst, war des Rätsels Lösung. Das war die Formel für alles. So erschafft man das perfekte Chaos. Und es wird sicherlich nicht das letzte Chaos gewesen sein.
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Eine gute Geschichte hat keinen Anfang und auch kein Ende. Genährt wird sie durch die Fantasie des Lesers. Ist die Fantasie grenzenlos, so hat auch die Geschichte keine Grenzen. ~ Dark Territory

Dienstag, 22. Oktober 2013

Kommando 14

Die Sonne scheint aus dem Erdloch heraus. Am Himmel kreisen 6 Wünschelruten, nein es sind 5 und ein Stock der sich wohl verflogen hatte. Wenigstens regnet es nicht wieder seitwärts, vorallem keine Entenflügel statt Regentropfen. Ich lehne an einer Heizung die Äpfel an ihren Ästen hat. Äpfel die nicht zum essen sondern zum verzweifeln sind. Fasst man sie an ohne zu denken, explodieren sie und Türklinken flattern wie Schmetterlinge aus ihnen heraus. Nur im Falle der Verzweiflung sind sie zu pflücken, jedoch bewirken diese, dass sie kurz nach dem sie von den Händen oder Ästen, was auch immer die Halterung ist, gepflückt hat man sie sich gegen die Stirn schlägt und sich an einen anderen Ort wieder findet.

Die Tiere hier haben kein Fell, sie sind mit Wasser überzogen. Keine bekannte Tierrasse ist auch nur annähernd bekannt. Aber auch der Boden hat ein ungewohntes Gefühl. Ich habe oft genug versucht die Luft anzuhalten, aber da ist keine und ich sterbe auch nicht. Ich halte nun mal einen Tag die Luft an, nur um sicher zu gehen dass sich nichts ändert.

Ja ich kann sogar noch denken ohne Panik zu bekommen. Ich habe mir anfangs den Kopf zerbrochen, wortwörtlich. Ich schlug mir gegen den Kopf bis dieser Risse warf und ich mir Teile meines Schädels vom Kopf entnehmen konnte. Ich habe mich komplett auseinandergeworfen als eine Heizung, die auf einem Fahrrad rollte mir einen Apfel gegen den Schädel warf und ich in einem Karton saß. Zumindest waren die Wände aus Karton, ich konnte es durchschlagen aber außerhalb des Kartons waren nur Teppichfaser. Noch bevor ich .....

Einen Moment, ich bin zurück! Ein Bett, ein Kissen alles scheint normal. Da stehen Menschen um mich herum, aber ich kann nicht sagen was ich denke. Da ist meine Tochter, Laura heißt sie glaube ich, ich war mindestens ein Jahrhundert weg aber ihren Namen weiß ich noch. "Keine Heizung mehr". Das wollte ich gar nicht sagen, aber es kam aus mir heraus. Warum bewegen sich meine Augen nicht so wie ich es will? Wer ist dieser ...keine Ahnung Mensch in weiß. Und was meint er mit Medikamente. Ich will aufstehen, aber werde gefesselt. Meine Arme sind aufgebissen. Jetzt schmecke ich mich selber. Habe ich an mir selbst genagt? Laura lauf nicht weg, warum weinst du? Kannst du mich nicht hören. Und diese Spritze in den Medikamentenmenschen seiner Hand ist wohl zu seiner Beruhigung. Ach wie schön, er gibt sie mir und alles wird wieder schwarz.

Ein Strand aus Quarksahne, aber das Wasser ist Wasser. Aber es steht still wie in einer Badewanne. Nur hier kann ich klar denken, was war nun eben mit diesem Bettszenario. Ich habe nur die Hälfte meiner Wahrnehmung nutzen können?
Ich komme einer Verschwörung auf die Spur. Ja, ein Attentat auf meinem Gehirn!

Ich wurde vom neuen Arzt wegen meiner Erkältung unüblicherweise in dieses Spital gebracht. Man behielt ich dort für einen Tag, als meine Frau weinend hinter einer Glasscheibe mit dem Kopf nickte. Ja genau, der Doctor sprach etwas von verrückt. Ich glaub er meinte mich. Aber zu dem Zeitpunkt war ich es noch nicht. Ich war seit der Einlieferung betäubt, unter Drogen. Am ersten Tag war noch alles normal, bis meine Frau mit dem Kopf nickte und ich diese Pillen bekam. Seitdem war ich nur noch in einer Wahnsinnswelt.

Ich bin mir sicher mit diesen Medikamenten wollen sie mich nicht heilen. Nein, diese sind dafür da damit Patienten schön die Stiftung finanzieren. Sie machen sie mit Fehldiagnosen Gehirntaub und stempeln sie als Wahnsinnig ab. Das ist es! Es gibt keine Verrückten. Nur die, die Verrückt gemacht wurden.
Wenn ich hier rauskomme dann ....

Ich komme hier nie wieder raus. Ich werde wohl permanent mit Medikamenten betäubt bis mein ich in mir gefangen ist für immer. Vielleicht verschwinde ich auch. Ich muss mich da durchbeißen. Beißen. Ich beiß mir die Arme auf damit sie sehen dass ich hier drin bin. Es ist die einzige Möglichkeit, mein einziges Werkzeug. Ich hoffe Laura findet mich. Wer auch immer Laura ist. Was ist das auf meinem Hals. Oh Schädelstücke. Und was sind das für Greifwerkzeuge vor mir. Ah das sind Arme, die legen wir mal beiseite und setzen diese Murmel auf meinem Hals daneben. Ha, die Murmel hat mein Gesicht, nur die Augen fehlen. Man könnte meinen ich würde mich zerlegen, dabei nehme ich doch nur die Dinge von mir die ich nicht kenne.
Schau mal da, eine Heizung auf dem Fahrrad. Wofür so eine Heizung gut ist. Was ist eigentlich ein Fahrrad. Und da kommt ein Apfel auf mich zu, ich sollte den Mund diesmal öffnen.

Montag, 21. Oktober 2013

Bitte sprechen sie nach dem Piepton des Hirnversagens

Viele haben ein herausragendes Talent. Sie können singen, unglaublich schnell rechnen, aus dem Nichts ein Kunstwerk erschaffen oder sogar Leute manipulieren. Bei manch anderen wiederum ist das Talent verborgen, man bekommt davon nichts mit, da sie dieses nicht für öffentliche Ergüsse präsentieren. Und so einer bin ich.
Meist nehme ich mein Adressbuch und rufe Personen an.
Gestern zum Beispiel Stefan B:
"Hallo wer ist da?" sprach Stefan. "Hab ich dir nicht gesagt du sollst nicht kiffen wenn wir im Urlaub sind?", brüllte ich.
"Vater wie .... was warum ich kiffe doch nicht!", man hörte die Lüge deutlich am zittern. "Und in der Chipstüte unter deinem Schreibtisch ist wohl kein Gras, dass du unter deinen Freunden aufteilst was? Lüg mich nicht an! Das ist das letzte mal das wir miteinander reden", ich machte eine Pause und atmete dabei sehr schwer. Mit einem sehr theatralisch verzweifelten Klang in der Stimme setzte ich fort:
"Mein Sohn, deine Mutter und ich haben beschlossen dich zu enterben und hier auf Ibiza uns heute Nacht das Leben zu nehmen. Also Fick dich".
Bevor er etwas sagen konnte legte ich auf.
Natürlich wusste ich von seinem Grasversteck, ich hab ja schließlich mitgekifft. Aber was mich wundert ist, dass er sich nicht einmal 30 Minuten nach dem Anruf schon umgebracht hat. Mit dem Gewehr seines Vaters hat er sein Hirn im Kleiderschrank an die Wände geschossen. Im Kleiderschrank! Was für ein Idiot stellt sich in einen Kleiderschrank wenn er sich das Leben nimmt?
Wie kann man nur glauben, dass man sich im Urlaub umbringt und davor seinen Sohn anruft und ihn dann noch mit einer Beleidigung zurücklässt?

Ich liebe mein Talent, mein Talent die Stimmen verschiedener Menschen am Telefon bis ins Detail zu immitieren.
Ich wäre ein toller Synchronsprecher.  Aber das kann warten. Ich habe nicht mal wirklich Lust, meine Stimme für Figuren zu verschwenden die fiktiv sind oder einem geschriebenen Handlungsstrang folgen. Ich könnte nicht einen vorgegebenen Text herunter leiern. Ich liebe die Improvisation. Ebenso Liebe ich das spielen mit Gefühlen anderer. Die gesamte Schulzeit wurde ich verspottet, geschändet und erniedrigt. Ebenso verfolgt, gejagt und verprügelt. Ich gehöre zu den schwachen die kein wirklich tolles optisches Bild bewiesen. Nach der Schule verschwanden die Pickel, ich schnitt meine lockigen Haare kurz und hätte gute Chancen im jetzigen Weltbild akzeptiert zu werden. Aber ich vergesse nicht was man mir antat. Ich vergesse nicht was sie mir antaten.
Und nun werden sie dafür büßen. Mit Stefan habe ich ganze 9 von 39 in den Wahnsinn getrieben. 39 Personen einschließlich den 3 Lehrern, die es nur belächelten oder wegschauten wenn eine Person das leidliche Opfer seiner Mitschüler wurde. 
Die Tür klingelt, wird wohl Jack sein. Jedoch sollte man nie zu vorsichtig sein. Manchmal ist eine rachsüchtige Ex-Freundin es, die gerade zu überraschen weiß.
Ein Blick durch das Bullauge und mein Verdacht bestätigte sich, zum Glück. Ein breites Grinsen in Fischoptik. Das ist Jack. Ich öffne die Türe wortlos. Jack der Grinsemann bringt drei Kartons Pizza und eine Tüte voller Geld.
"Wahnsinn Diggah, wir haben dank diesen Tod gerade genug Geld um zwei Playstation 4 zu kaufen!".
Jack war ebenfalls einer der Geschändeten. Er treibt den Profit durch mein Talent. Seit dem 3. Mord begann er Wetten mit den verbleibenden, sowie mit ehemaligen Schülern aus Parallelklassen zu vereinbaren. Wer stirbt als nächstes? Und natürlich gewinnt entweder er oder jemand aus den andern Klassen den wir mit 40% einweihen. Wir drohen diesen natürlich mit dem Tod damit er nicht plaudert.

"Wen nimmst du dir als nächstes vor? Thomas? Serkan? Michael?" fragte Jack freudig.
"Michelle B." antwortete ich ruhig. "Michelle? Aber die war doch gar nicht in unserer Klasse." Ich grinste, "Die Schlampe wollte mir keinen blasen. Außerdem würde dies das Muster der Morde etwas zerstreuen für die Polizeiarbeit". Jack nickte.

Nachdem wir gezockt und gegessen hatten, packte er seine Sachen und ging los um emotionale Informationen über Michelle herauszufinden. Heute plaudert ja so gut wie jeder seine Leiden gleich aus. Jack hat das aus Filmen gelernt. Meist sind es die Mädels die nur in einer Mädelsgruppe umherwandern. Es gibt immer die eine, die eher gezwungen dabei ist. Ihr Vertrauen muss man wecken. Und unter Alkoholeinfluss ist das ganze auch noch leichter. Man sollte nur immer schön anständig sein. Einfacher ist die Recherche im Internet. Hier kann man allein schon bei Facebook, nachdem man angenommen wurde mehr erfahren als die Person Unbekannten Menschen mitteilen würden. Sie sind sowas von naiv.

Am Sonntag werden wir 40€ auf Sascha wetten. Er arbeitet bei der Telefonseelsorge. Sascha hat vor kurzem seine Eltern verloren. Sie waren 2 der 3 Lehrer. Damit fing die Serie an. Sie wurden angerufen ein vermutliches Erbgrundstück zu beobachten. Unglücklicherweise waren sie nicht bedacht, die Reifen des Motorrads auf ihren festen Anzug zu kontrollieren. Bei Tempo 130 löste sich der Vorderreifen und beide starben mit den Körpern geplättet unter einem Autotransport-LKW.
Seit diesem tragischen Unfall wohnt Sascha bei seiner Freundin, die vor dem Unfall nur seine beste Freundin war. Es hat sich so ergeben. Es ist seine erste Beziehung und alles was er noch besitzt. Ohne sie hätte er alles verloren was ihm lieb ist.
Ich werde seine Freundin immitieren. Ich bin mir sogar sicher sie würde in ein paar Wochen sowieso ihn verlassen. Aber sie wäre gutherziger als ich. Freundschaftlich eben.

Vor dem Polizeibesetzten Haus von Stefan fährt ein Volvo vor. Das müssen Stefans Eltern sein. Sie haben noch nicht mal eine Ahnung was geschah. Sie werden sicher vermuten er wurde wieder in irgendeine dumme Scheiße hineingeritten. Es wird Zeit, dass ich mich dazu stelle und ihnen vorgaukel wie Leid es mir tut. Was er für ein guter Freund war. Vielleicht darf ich einen Blick in den Schrank werfen. Ich will den Schrank haben. Ich gab mein Blut seiner Faust, ich will mit meiner Faust nun das zerschlagen, woran sein Blut klebt.
Mein zweites Talent ist das Schauspielern. Ich denke kurz an die Empfindungen an Kindertagen und schon habe ich ein Gesicht wie 20 Tage Regenwetter. Ja, der Spiegel kann nicht lügen.
Vorhang auf für mich, den Boogieman des Telefons.

Sonntag, 13. Oktober 2013

Einen Frühling lang

"Ich will jetzt nicht reden!"
Das Klopfen, dass sie seit einer halben Stunde ausübt ist unerträglich. Es gibt grad nichts zu reden, ich will alleine sein. Alleine mit unserem Apfel. Der Apfel der für uns steht.
Ich bin nicht der Kerl der seine Freundin ignoriert wenn er am PC sitzt. Ich habe nicht mal einen PC. Ich besitze nur diese Wohnung mit dem Keller voller Nahrung. Dieser Keller ist kalt und nur der Apfel ist schön. Nicht mehr vom optischen aber er ist voller Erinnerungen.
Das Bild hier an der Werkbank, das war unser erstes.

Ich saß nahe des Theaters, das ist ein paar Wochen erst her. Überall verstreuten sich Päärchen, was wohl für den späten Frühling spricht. Die Wiese duftete so wundervoll und ich las das Tagebuch meines Urgroßvaters. Das Buch konnte ich auswendig, es steht eigentlich nichts besonders drin. Jedoch ist gerade diese einfache und simple Liebe zu normalen Dingen die damals nicht gerade wenig waren etwas, das mich in den Bann nimmt. Die Päärchen merkten es nicht, das Gras war frisch und lebendig, die Luft hatte ein Aroma von Bergluft. Zufriedenheit um mich herum.
Und dann tauchte Laura auf. Laura ist ein Mädchen das von so ziemlich jeden Kerl angegraben wird. Sie war mir egal, mir war relativ viel egal. Jedoch ging sie zielstrebig auf mich zu.
Ungeahnte Gefühle kamen in mir auf, wie sie forsch und leicht tanzend den Weg direkt zu mir nahm.
Je öfter ich mich umsah ob sie vielleicht nur jemanden in meiner Nähe näher kommen wollte, desto mehr verbreitete sich ihr Grinsen.

"Hi, was liest du da?" sagte sie nachdem sie sich ungefragt neben mich setzte und ihr Haar leicht meine Schulter streifte. "Nur ein Tagebuch aus der Kriegszeit. Nichts besonderes. Willst du nicht lieber einkaufen gehen?". Sie lächelte, das merkte ich. Ich schaute sie dennoch nicht mehr an und starrte auf eine Zeile in Opas Tagebuch: Und dann kam die Sonne, eine fröhliche tanzende."Ne doch nicht alleine. Mich nerven grad alle Menschen". Und dann nervt sie mich, super. Ich bin das Objekt ihrer Rache zu anderen. Na danke.

Sie öffnete ihre Tasche und holte einen Apfel hervor. In diesem Moment habe ich mich verliebt. In die Form, die Farbe, die Oberfläche. Und auch in Laura. "Willst du?" Ich nahm den Apfel an und fing an vor Freude zu weinen. Laura nahm mich in den Arm und sprach mit einer Babykätzchenstimme "oh, wie süüüüüüüüß".
Den ganzen Tag erzählte sie mir von sich, wie sie ständig Typen abservierte die sie nur Behandelten wie ein Objekt. Dass sie einen Kerl suchte, der auch genießen kann ohne zu verlangen. Ich hielt den Apfel in meiner Hand, leicht fest. Ich spürte meinen Puls unter der Haut dieser Hand. Kurzzeitig dachte ich dieser gehört zum Apfel.
Wir küssten uns beim Abschied und waren ein Paar. Dort schossen wir auch dieses Foto über meiner Werkbank. Seitdem ist der Apfel unser Symbol. Das Symbol unserer Liebe.

Nach nicht mal 3 Tagen zog Laura zu mir. Sie hatte nicht mal gefragt, sie kam erst mit ein paar Klamotten, dann mit Möbeln und jetzt saß sie dort wo ich saß. So muss ich also aussehen wenn ich da sitze. Eine neue Erkenntnis. Wir küssten uns eine Weile aus Langeweile. Wir wussten ja sonst nichts miteinander anzufangen. Ich ging kurz in den Keller um den alten Schnaps meines Opas zu holen. Dort lag der Apfel. Ich erstarrte, seine Schönheit war unantastbar. Ich liebte ihn.
Nachdem wir 3 mal Sex hatten wurde mir wieder langweilig, sie jedoch schlief auf dem Boden nackt ein. Ihre geröteten Stellen erinnerten mich an den Apfel. Ich ging zurück zu ihn. Sie ähnelten sich sehr. Ich beschloss ihn an die Pinnwand der Werkbank mit einen Nagel zu befestigen und zu beobachten. Zu beobachten wie lange diese Liebe hält.

2 Tage später hatte Laura Depressionen. Kann ich ihr nicht verübeln, sie macht alles nur aus Langeweile schätze ich. Ich würde mich nicht um sie kümmern sagt sie. Ich versuchte zu Lächeln, sogar zu lachen. War wohl die falsche Reaktion, ich kenn mich mit solchen Situationen nicht aus. Aber irgendwas ist faul.
Ich ging in den Keller zum Apfel und in der Tat, leicht unten wurde etwas faul. Sind Laura und der Apfel eins? Ich musste das beobachten.

Tagsdrauf war Laura in der Schule, danach gingen wir zu ihren Eltern. Ich sollte mich ihnen vorstellen. Ich winkte verlegen als sie vor mir standen und sagte "Hallo Papa Laura und Mama Laura". Ihr Vater lachte, ihre Mutter sagte "oh, wie süüüüüüß komm rein". Eindeutig ihre Eltern, also keine Schwiegereltern. Beim Abendessen erzählte Laura nur von sich und bei jeder Frage die sich um mich handelte sprach sie für mich. Manchmal übertrieb oder log sie in den Aspekten. Ich ließ sie dennoch reden und nickte.
Hier sind keine Äpfel, ihre Eltern lieben sich wohl nicht. Wahrscheinlich alles aufgrund von Geld. Kinder machen Geld, sowie Heirat. Das muss so passen. Das Geld ist ihr Apfel.
Die Falten im Gesicht ihrer Mutter erinnerten mich an etwas. "Ich muss jetzt gehen, tut mir Leid". sagte ich und ging ohne weiteres wieder Heim.
Der Apfel begann Falten zu werfen, wie ihre Mutter. Ist unsere Liebe schon so alt, dass ich ihn gegen Geld eintauschen müsse? Ich verriegele die Tür und beginne nun meine Beziehung zum Apfel zu erhalten. Zum Schutz von mir und ihm und für Laura, glaube ich.

Im Laufe der Zeit wurde der Apfel braun, faltig und verlor ein wenig an Halt. Er glänzte war sah aber nicht mehr so frisch aus wie früher. Eher traurig, er wirkte beinahe verzweifelt. Genau wie Laura, die mich in der Wohnung suchte und nach mir rief. Laura machte meinen Apfel schlecht, diese Schlampe. Ich streichelte meinen Apfel und wünschte ihn eine gute Nacht. Dann schalte ich das Licht aus und starrte in die Dunkelheit bis ich einschlief.
Heute morgen knipste ich das Licht an. Da waren kleine Fliegen zu Werke die meinen Apfel befallen! Ich zupfte alle einzeln Weg und dachte dabei an Laura. Vielleicht schwärmen schon wieder andere Männer um sie, Männer die ihre Frucht ausnutzen. Nachdem ihr nerviges klopfen verstummte und ich die Eingangstür hörte ging ich langsam nach oben.
Nun stehe ich am Fenster und beobachte sie, wie sie auf der Straße mit fremden Männern redete. Sie umarmte sie länger als sie mich je umarmte. Aber sie kennt sie doch nicht? Sind das Fliegenmänner?
Ich werde sie nicht einzeln von ihr Pflücken. Nein, sie kann sich selber wehren. Nicht so wie mein Apfel.
Also gehe ich wieder hinunter und schaue ihm bei seinen Kampf zu, ich hoffe er wird wieder gesund.


Die folgenden Tage waren eine Qual.
Erst wurde die Form des Nagelapfels länger, dann tauchten Würmer und Maden aus seinem inneren auf. Da er ziemlich haltlos war wollte ich nicht schuld sein, sollte ich ihn verletzen. Ich verzweifelte leicht. Die Maden haben von ihm Besitz ergriffen. Die Würmer stachen immer wieder in ihn ein. Ich ertrug es nicht, ich musste mich ablenken.
Ich ging nach oben und erwischte Laura mit den Zwei Fliegenmänner auf meiner Couch. Sie haben sich zu Würmern entwickelt.
"Es ist nicht so wie es aussieht!" Schrie sie urplötzlich. Stimmt sie sieht nicht wie ein Apfel aus, und die Kerle haben keine wirklichen Wurmmerkmale.
Ich drehte mich also um und ging wieder zum Apfel.
Ich wusste nun das Laura an allem Schuld war. Sie stand zwischen mir und den Apfel. Sie schrie herum und die MadenMänner gingen anscheinend wieder aus dem Haus.
Nun kam Laura zum ersten mal in meinen Keller und sah mich und den Apfel. Ich versuchte zu lächeln, wusste aber dass ich ihr einen erbosten Blick zu warf.
Sie dachte jedoch es wäre wegen den Madenmännern.

Nach unzähligen Tut mir leids, die ich ignorierte, kam sie einen Schritt näher. "Fass bloß nicht meinen Apfel an!". Sie erschrack ein wenig. Hab ich sie getroffen, ja, ich bin ihr von Anfang an mit dem Apfel fremdgegangen. Das hast du davon du Madenkönigin.
"Deinen Apfel? Das war mal unser Apfel?". In ihren Ton lag leichte Empörung.
"Unsere Liebe war das, aber mein Apfel!" sprach ich kalt dem Apfel zugewandt.

Es klatschte und knarzte als sie gegen den Apfel mit flacher Hand schlug. Der faulig breiige Apfel zerplatzte und die Maden wuselten im Fruchtfleisch. Ich und Laura schrien gleichzeitig. Ich, weil sie unsere Liebe zerstörte, sie, weil sie den Nagel nicht bedachte der nun aus ihrem Handrücken nagte.
"Ist es der Apfel gewesen der daran Schuld war? Ich habe ihn dir geschenkt, er war ein Zeichen für uns! Was bist du nur so fanatisch auf ihn? Du hast ihn mehr Beachtung geschenkt als mir wie mir scheint. Ist dir nicht aufgefallen dass ich mir Sorgen mache? Ich liebe dich doch!"
Nun kam ich ins grübeln, was wenn sie Recht hat und mich wirklich lieben würde? Vielleicht hat der Apfel ja die Madenmänner geholt und mich nur verführt. Vielleicht war es der Apfel der mich beinahe hypnotisierte. "Diese Apfelschlampe" schrie ich und fegte die Überreste vom Tisch.
Dann schaute ich in die verzweifelten Augen von Laura. "Keine Sorge, jetzt bist nur noch du mein Apfel". Ihre Freude war ihr deutlich anzusehen. Aber das war auch das letzte mal dass ich sie mit diesem Blick sah.

Nun hängt Laura an der Wand, angenagelt an den Gliedmaßen und nackt. Ich musste sicher gehen, sie beobachten wie der Apfel. Ob unsere Liebe länger hält als die Zeit des Apfels. Wenn sie braune Stellen, oder Falten bekommt ist es vorbei. Ebenso wenn sie würmer bekommt oder Brei-Artig wird.
Ich konnte kein Risiko mehr eingehen.

Es ist nun der vierte Tag, an dem Laura geknebelt und angenagelt an der Wand hängt. Ihre Haut hängt langsam von ihr und die Knochen werden deutlich sichtbar. Ich schätze das ist menschliche Fäule. Ich werde sie morgen aufschneiden und nach Maden untersuchen. Sie ist alles was ich noch habe, und für sie zupfe ich die Maden einzeln aus den Körper. Denn sie ist mir mehr wert als der Apfel.

Freitag, 11. Oktober 2013

Anfängerpech

Meine Fahrkünste mit meinen Einkaufswagen sind einfach nicht zu toppen. So gekonnt wie ich in die Eingangstür driftete soll mir dies erstmal jemand nachmachen. Nun gut ein wenig mehr Ballance hätte dazu geführt, dass ich weniger an den Wänden hängen geblieben wäre. Aber ich kaufe schließlich zum ersten mal alleine ein.
Im ersten Gang in dem Menschen dicht gedrängt noch ihre Ware begutachteten raste ich blind durch. Ich brauch kein Brotkram oder Kekszeug. Ich will zu Wurst und Käse. Ich liebe die gezähmte Geschwindigkeit die ich bei dem ersten Gang erreiche bis zum Ende an dem ich stark abbremsen muss. Da, Käse und Wurst. Rein damit und weiter geht's.
So wendig wie ich mit meinem Wagen umgehe schafft das sicherlich niemand. Die Gänge sind glücklicherweise breit genug für meine Manöver. Durch rollen und in der vorbeirollenden Bewegung das nötigste an den Seiten greifen und bei mir einlagern.
Naja was heißt einlagern, ich werfe es einfach in mein Körbchen. Den letzten Gang kann ich nicht betreten. Ich habe wohl unbemerkt eine ganze Reihe umgeworfen. Anfängerpech.

Also preschen wir doch gleich mal zur Kasse. Klopapier und Parfüm kann ich auch an anderen Orten erwerben. Vielleicht sollte ich auch einfach mein Klopapier parfümieren und mich bei gebrauch damit einreiben (Natürlich vor der sinngemäßen Benutzung des Klopapiers).
Der Kassengang ist natürlich so eng, dass ich mit meinen Wagen kaum in einen Zug hindurchsausen kann. Womöglich ist das für Ladenflüchtige so gedacht. Dennoch kachel ich mit Tempo 20 in diese Parkbucht und bremse scharf. Die rechte Kasse stand zum Glück leer, sie sollte bald repariert werden.
Ich klettere aus dem Dachfenster und werfe meine Kaufgegenstände aufs Band, setze mich wieder auf meinen Sitz und warte wie am McDrive bis zur Zahlaktivität.

Die Kassiererin mag mich nicht. Vielleicht hätte ich sie nicht fragen sollen ob sie mir die Waren gleich in den Kofferraum meines Smarts legen kann. Scheiß Billigdiscounter, etwas ist da auch schon wieder zuviel.
Auf die Anforderung in Zukunft die dafür ausgelegten Wägen zu nehmen entgegnete ich mit der Begründung, dass daran kein Lenkrad versehen ist. Im Zuge dessen sind nicht mal Pedalen vorhanden die es ermöglichen sich durch die Gänge im Wagen sitzend sich bewegen zu können. Sicherheitsgurte sind nicht vorhanden. Weder Blinker noch Bremse. Und vor allem kein Radio.
Wenn die Polizei mich beim einkaufen in so einen Wagen sitzend anhält werde ich sicherlich mehr zahlen müssen als ich in dem Laden in einem halben Jahr ausgebe.
Und scheiß auf den Leihpreis von 1€, ich krieg ja nicht mal meine Waren in den Kofferraum gelegt.

Bequemlichkeit beim Einkaufen geht nun mal vor. Der Kunde soll sich wohl fühlen. Und nirgends fühl ich mich wohler als in meinem Auto. Auch wenn es der Wagen meiner Mutter ist und ich gar kein Auto habe. Da ich nun den Führerschein habe bin ich nicht mehr angewiesen zu laufen. Das nennt man Erwachsen sein.
"Nehmt euch ein Beispiel an den McDrive" brülle ich noch bevor ich durch die Eingangstür sause, die sich für meine Verhältnisse zu langsam öffnete.

Auf der Heimfahrt entdecke ich auf der Hauptstraße noch einige Menschen die mit den Einkaufswägen an der Ampel standen. Sie haben Paddel zur Fortbewegung. Die gab es letzte Woche wohl als Angebot. Billigkäufer überall, vermutlich auch um Sprit zu sparen und der Umwelt etwas gutes zu tun. Ich ramme den erst besten von der rechten Spur und kann im Rückspiegel noch erkennen wie sein Kopf am Bordstein aufschlägt. Die Rechnung darf ruhig der Discounter mit seinen dummen 1€-Wägen zahlen. Vielleicht gibt es ja bald Helme im Angebot. Für die Sicherheit der Kunden. Sicherheit vor mir.

Sonntag, 6. Oktober 2013

Zaunkönig

Was für ein Schädel. Und dieses eklige Gefühl im Bauch. Nie wieder werde ich soviel trinken, ich schwöre es. Außer am Samstag, und vielleicht die darauffolgenden Wochenenden. Aber das war der Hammer gestern. Ich weiß wirklich gar nichts mehr.
Meine Eltern sind nicht da, es muss wohl Montag sein. Wahnsinn, ich habe den kompletten Sonntag verschlafen und erwache noch pünktlich zur Schule. Ich brauche nichts zu essen, mir ist kotzübel. Aber einen Fehltag mehr will ich mir nicht erlauben. Nicht vor den Ferien.

Der Bus ist schon abgefahren aber ich schaffe das auch zu Fuß. Aber rennen lasse ich lieber, meine Brust schmerzt so heftig, dass ich kaum laufen kann und ich bin schon seit dem aufwachen nassgeschwitzt. 5 vor 8. Na wegen 10 Minuten werden sie mir nicht den Kopf abreißen also kann ich auch gemütlich laufen.

"Sie habe ich hier aber gar nicht mehr erwartet Herr S." sagt Frau B. mit einem strengen Blick. Die anderen schauen leicht verwundert auf mich als wäre ich gerade unpassend hier.
"Hauptsache ich bin hier, tut mir leid das Wochenende war einfach zu hart".
"Sie sollten aber nicht hier sein". Ihr Ton gefällt mir nicht, ich lasse mich doch nicht herumschubsen nur wegen ein paar Minuten Verspätung.
"Muss ich denn jetzt zum Direktor und meine Verspätung beichten?". Ich frage dies mit einem versuchten Hundeblick, der zieht bei den Fotzen immer.
"Sie müssen gar nichts, haben sie überhaupt eine Ahnung was sie sind?".
Ich frage sie wie sie das meint.
"Alter", sagt Bernd der neben mir saß wobei jetzt Carina auf meinem Stuhl saß, "du bist am Samstag besoffen über die Brücke gestürzt und in den Zaunpfahl von Herr Gerold geflogen. Du bist tot!"

Eine kurze eigene Leibesvisitation bringt die Erkenntnis das ein Loch unterhalb des Brustkorbes herausklafft. Was ich für Schweiß hielt war Blut und Eiter. Man ich stinke.
"Sorry, ich war so dicht ich kann mich an gar nichts erinnern".
"Dann haben sie wohl auch vergessen zu sterben, was Herr S.?" sie lächelt, das bedeutet ich muss nicht zum Direktor. "Sieht so aus Frau B. Scheiß Alkohol, aber hey dann feiern wir meinen Tod am Wocheende Freunde". Nach kurzem Jubel der Klasse schubste ich Carina bei Seite und nahm am Unterricht teil.
Ich hoffe jemand hat das gefilmt, ich meine, meinen Tod. Ich kann mich gar nicht daran erinnern.
Man, immer wenn ich besoffen bin verpass ich das beste. Ich sollte am Wochenende weniger trinken.
An einem Arm ragt ein Krater,
ein Mahnmal aus Wahnsinn.
Gerade sichtbar doch fraglich
was daran normal war.
An Arbeit und sozialem
scheitert eine Wahrnehmung
aber abnehmen und angeben
ist keine Warnung vor allem.

Gezeichnete in Haut verfasste Schreie.
Die Tinte nährt die Fahrbahn
welche einmal um das innere Auge führt.
Eine Hirnwindung streckt sich nicht.
Die fingerlosen Arme kratzen schadhaft Striche in die poröse Schädeldecke.
Sie dienen dem zählen der Tage bis das pochen und stechen beginnt.
Nach dem klopfen folgt nicht die Stille nur das endlose Echo.


Katzengold

Dr. Phillips meint nun ich solle zu Gunsten der Therapie meinen ehemaligen Schulkollegen Martin aufsuchen. Er ist mein erstes Opfer gewesen, der erste an dem ich das quälen liebte. Wegen ihm begann geradezu meine Lust, meine maskuline Stärke und mein bösewirkendes Aussehen dafür zu nutzen, Angst und Schrecken unter den zarten zu verbreiten.
"Es wird ihnen helfen, ihre Aggressionen und Depressionen zu vertilgen, mit dem Menschen Frieden zu schließen dem sie das kindliche Leben vermutlich zur Hölle machten".
Ich denke da behält er Recht, ein gutes Gewissen ist die Vorraussetzung. Schließlich heirate ich in 6 Tagen Angelika, meine Hauptschulliebe. Die schönste von allen auf der ganzen Schule. All meine Konkurrenten hatten keine Chance, und werden sie auch nicht haben. Schließlich habe ich sie umgebracht. Jedoch zweifel ich an Dr. Phillips Meinung, Angelika würde mich aus Angst heiraten. Zwar habe ich ihr gedroht vor meinem Gefängnisaufenthaltes, aber da sie weiß, dass ich sie nicht umbringe solange sie mich liebt, wird sie mich auch lieben. Ich hoffe es für sie.

Martin war dieser auffällige kleine Streber, mit dem strohigen Haar und der Brille. Seine Statur wirkte immer wie ein nie wachsendes Baby. Kurze Arme, kurze Beine und dürr wie ein Stock.
Ich erinnere mich noch an die Geburtstagsparty von Lisa, bei der ich in den Pool ihres Vaters schiss. Die Schwimmwurst ließ ich Martin essen. Er bekam den Ärger als er daraufhin in das Wasser kotzte. Eine Suppe aus Schokolade und Cornflakes direkt auf dem Wasser. Es war Kunst aus seinem Mund.
Ebenso unsere ersten Disconächte, in denen ich Martin jedesmal in die Toilette tunkte bis er das Urinal sauber leckte. Ich mochte ihn irgendwie, er wehrte sich niemals sondern gab sich dem hin.
Selbst beim Ausflug ins Schullandheim hatten wir einige Fäkalspäße für Martin übrig. Wir schissen in sein Bett, putzten seine Zähne mit einer Klobürste, pissten in seine Thermoskanne und tauchten ihn in Kuhscheiße als die Lehrer weit genug vorran gingen. Martin hatte bei uns verschissen. Ich schätze aus ihn muss nun ein harter Kerl geworden sein. Ich empfinde leichte Reue ihm gegenüber, aber es war lustig.

Mühlstraße 45
Das Haus in dem er zu wohnen scheint, sieht ziemlich Omahaft aus. Alles ist so, kitschig und voller Katzen. So viele Katzen, ich habe bei 10 aufgehört zu zählen. Und glaubt mir, ich kann bis mindestens 36 zählen nur um das zu verdeutlichen. Grob heißt nämlich nicht dumm.
Ich spielte mit dem Gedanken den Scheißhaufen auf den Wegrand mitzunehmen, ließ den Gedanken jedoch schnell fallen. Schließlich tue ich das alles für meine Hochzeit. Ich bin ja auch erwachsen, und Erwachsene spielen nicht mehr mit Scheiße. Ich wünsche mir gerade wieder jung zu sein. Scheisse anzünden. Das wäre mir jetzt lieber als diese Auseinandersetzung.

So abwesend wie ich war merkte ich nicht, dass mein Finger die Klingel betätigt, schon mehr als 27 Sekunden. Die Tür öffnet sich und ein kleiner Junge mit einer Fischaugenbrille schaut mich von unten gelassen an. "Entschuldige kleiner, ist dein Vater zu Hause?"
"Der ist tot".
Wie einfach so gestorben? Er schafft es ein Kind zu zeugen mit seinem mageren Körperbau und stirbt dann? Wahrscheinlich ist er bei seiner ersten Ejakulation zusammengebrochen und seine Freundin hatte Mitleid und beließ es dabei schwanger zu sein.
"Martin ist also tot" säusele ich etwas kalt.
"Nein, Martin bin ich. Bist du das Sebastian?" sprach der Fingerhut vor mir.
"Ja lass mal rein kommen, ich hoffe du hast was zu fressen da sonst gibt's was".
Ich schubse den kleinen beiseite und setze mich gleich an einen Tisch, der wirklich schön hergerichtet war. So schaffte es nicht mal meine Mutter. Präzise lieb und simpel aber klassisch. Ich fühle mich kurz wie ein Kind das nach Essen ruft. Ich rufe nach Essen. Martin aber setzt sich nur dazu und starrt mich emotionslos an.

"Magst du was essen?". Er fragt mich nach dem ich danach rufe? Geistesabwensender Zwerg. Ich beruhige mich ein wenig in dem ich ein wenig die Tischdecke zerreiße.
Er ist wirklich nett, dafür dass ich wohl sein ärgster Feind war.

Martin kocht nun eine Suppe, ich rieche und erahne eine Knödelsuppe. Man, ich liebe Knödelsuppe seit ich aus dem Knast raus bin. Davor liebte ich nur alles gegrillte.
"Hier bitte" sagt Martin und stellte mir einen Teller mit sehr wohlriechender Suppe hin. Ich nahm den Teller in beide Hände und schlang alles herunter. "Mehr". Bekam ich. Toller Kerl, wie ein Haustier auf Knopfdruck. Ich überlege einen Moment ihn einfach in meine Bude zu stellen.

Nach dem dritten Teller exte ich den gesamten Topf und schluckte alles grobe in kurzen Zügen herunter. Mir wird leicht schlecht. Also ging ich eine Treppe nach oben und entdeckte ein Schlafgemach. Geil, es hat sogar eine Decke. "Weck mich nach dem ich aufgewacht bin kleiner" rief ich Martin nach unten, fiel ins Bett und schlief ein.

Mit einem mauen Gefühl kotzte ich auf meine Klamotten die ich danach auszog. Es war schwer zu laufen, alles drehte sich. Wahrscheinlich zu gut geschlafen. Ich ging, wie Gott mich schuf, herunter in die Küche und knallte meine Kotzwäsche Martin vor die Füße. Er hat sich Cornflakes gemacht, mit Schokostückchen. Mjammjam. Während er die Wäsche wortlos wegträgt, verspeise ich sein Frühstück. Er wird schon nicht von den Rippen fallen.
"Schön dass es dir schmeckt" sagt er, "Wenn du mal das Futter im Gefängnis Jahrelang gewohnt bist würde dir sogar Scheiße schmecken. Aber das würde ja dir besonders nichts ausmachen was mein Freund?". Er lächelt mich einfach nur an. Ich glaube er unterdrückt die Erinnerung. Ja, er hat wohl psychisch darunter gelitten die arme Maus.

Mein Magen rebellierte jedoch immer mehr, sodass ich Krämpfe bekam und bewusstlos wurde.
Soweit zu meiner Erinnerung von gestern. Jetzt liege ich gelähmt im Bett. Mir geht es beschissen. Aber Martin kümmert sich um mich wie eine alte Ehefrau um ihren im sterben liegenden Bett. Er ist mir nie böse gewesen scheint es mir. Jedoch bekomme ich ekel auf Essen, dabei liebte ich doch essen. "Hier noch ein paar Spezial-Cornflakes, du musst was essen sonst wirst du noch kränker Sebastian". "Nein!". Ich schlag ihm die Schüssel aus der Hand. "Ich hole dir neue und wenn du dich noch mal wehrst, dann schmeiße ich dich raus". Wow, was für ein ernster Ton. Der kleine hat was gelernt. Ich halt also brav meine Schüssel in der Hand während Martin unten Nachschub holte. Allerdings kommt er mit dem Katzenklo nach oben. Muss wohl ein Multitasking-Mensch sein. Katzenklo säubern und Essen holen. Er nimmt mir die Schüssel, schüttet die Flakes rein, dann stellt er die schüssel auf dem Boden und kurze Zeit später legt er sie in meine Hand. Dann schiebt er das Katzenklo beiseite. Ich würge das Essen schnell herunter als mir mein Gehirn eine Gleichung aufgibt. Wo hat er diese Fleischbröckchen in den Cornflakes her, die ich anfangs für schokolade hielt?

"Du, du hast nicht zufällig vor dich bei mir zu rächen oder Martin? Ich meine, für all das was ich dir antat. Oder?". So kenn ich mich gar nicht, ich stammel, das bin doch nicht ich. Verwirrt schlag ich Martin halbkräftig in die Fresse ohne einen Grund zu nennen. "Wofür soll ich mich denn rächen Basti? Ich weiß doch, dass gerade Rache eine Gegenrache hervorbringt. Es wäre ein Krieg und das will ich nicht"
Versteh ich nicht. Ich schlug ihn ratlos nochmal in die Fresse. Und dann noch mal weil ich nicht verstand warum ich ihn jedesmal schlage weil ich etwas nicht verstehe.
"Ich dachte nur einen Moment, du hättest mir gerade Scheiße in die Cornflakes gelegt. Das wäre aber schon krank nicht?"
"Nein Sebastian..." ich war beruhigt nach diesen Worten, "...das ist nicht krank. Natürlich habe ich dir Scheiße verabreicht. Ich ernähre mich seit Jahren davon." Ich will ihm in die Fresse schlagen, aber er zog Reflexartig seine Hand hervor und bändigte meine Faust mit einer ungewöhnlichen Kraft.
"Scheiße ist ökologisch, natürlich enthält sie viele Bakterien die einen krank machen, aber gewöhnt sich der Körper erstmal daran, wird er stärker. Er wird immun und kräftigt sich, verstehst du?"

Krank, der kann meine Faust halten. Egal was er gerade gesagt hat, der muss trainiert haben.
"Die Knödelsuppe war ebenfalls mit Scheiße angereichert. Nur falls du fragst. Und erst wenn du dich daran gewöhnt hast wirst du wieder gesund. Solange lasse ich dich hier". Er lässt meine Hand los, und geht wieder. Dieser kleine Spitzbub, beinahe dachte ich schon er wolle mich reinlegen.
Mir geht es geistig besser, irgendwie beginne ich gerade Martin zu mögen. Ich will wissen wie er trainiert. Dieser dürre Kerl steckt voller Wunder.
Ich werde ihn zu meiner Hochzeit einladen. Ich bin sogar der Meinung, er solle gerade zum Zeichen unserer Freundschaft eine große Torte bringen. Eine Schokoladentorte!
Ja das wird er tun. Mein kleines Knopfdruckhündchen. Endlich habe ich mal einen Freund der sich um mich kümmert. Wenn wir geheiratet haben, darf er bei uns wohnen, solange er unser Diener ist.
Aber erst einmal muss es mir besser gehen. Bald werde ich heiraten, und irgendwie schmeckt das Essen beschissener als das Essen im Knast.
Martin biegt das schon hin, das Scheißerchen.