Sonntag, 13. Oktober 2013

Einen Frühling lang

"Ich will jetzt nicht reden!"
Das Klopfen, dass sie seit einer halben Stunde ausübt ist unerträglich. Es gibt grad nichts zu reden, ich will alleine sein. Alleine mit unserem Apfel. Der Apfel der für uns steht.
Ich bin nicht der Kerl der seine Freundin ignoriert wenn er am PC sitzt. Ich habe nicht mal einen PC. Ich besitze nur diese Wohnung mit dem Keller voller Nahrung. Dieser Keller ist kalt und nur der Apfel ist schön. Nicht mehr vom optischen aber er ist voller Erinnerungen.
Das Bild hier an der Werkbank, das war unser erstes.

Ich saß nahe des Theaters, das ist ein paar Wochen erst her. Überall verstreuten sich Päärchen, was wohl für den späten Frühling spricht. Die Wiese duftete so wundervoll und ich las das Tagebuch meines Urgroßvaters. Das Buch konnte ich auswendig, es steht eigentlich nichts besonders drin. Jedoch ist gerade diese einfache und simple Liebe zu normalen Dingen die damals nicht gerade wenig waren etwas, das mich in den Bann nimmt. Die Päärchen merkten es nicht, das Gras war frisch und lebendig, die Luft hatte ein Aroma von Bergluft. Zufriedenheit um mich herum.
Und dann tauchte Laura auf. Laura ist ein Mädchen das von so ziemlich jeden Kerl angegraben wird. Sie war mir egal, mir war relativ viel egal. Jedoch ging sie zielstrebig auf mich zu.
Ungeahnte Gefühle kamen in mir auf, wie sie forsch und leicht tanzend den Weg direkt zu mir nahm.
Je öfter ich mich umsah ob sie vielleicht nur jemanden in meiner Nähe näher kommen wollte, desto mehr verbreitete sich ihr Grinsen.

"Hi, was liest du da?" sagte sie nachdem sie sich ungefragt neben mich setzte und ihr Haar leicht meine Schulter streifte. "Nur ein Tagebuch aus der Kriegszeit. Nichts besonderes. Willst du nicht lieber einkaufen gehen?". Sie lächelte, das merkte ich. Ich schaute sie dennoch nicht mehr an und starrte auf eine Zeile in Opas Tagebuch: Und dann kam die Sonne, eine fröhliche tanzende."Ne doch nicht alleine. Mich nerven grad alle Menschen". Und dann nervt sie mich, super. Ich bin das Objekt ihrer Rache zu anderen. Na danke.

Sie öffnete ihre Tasche und holte einen Apfel hervor. In diesem Moment habe ich mich verliebt. In die Form, die Farbe, die Oberfläche. Und auch in Laura. "Willst du?" Ich nahm den Apfel an und fing an vor Freude zu weinen. Laura nahm mich in den Arm und sprach mit einer Babykätzchenstimme "oh, wie süüüüüüüüß".
Den ganzen Tag erzählte sie mir von sich, wie sie ständig Typen abservierte die sie nur Behandelten wie ein Objekt. Dass sie einen Kerl suchte, der auch genießen kann ohne zu verlangen. Ich hielt den Apfel in meiner Hand, leicht fest. Ich spürte meinen Puls unter der Haut dieser Hand. Kurzzeitig dachte ich dieser gehört zum Apfel.
Wir küssten uns beim Abschied und waren ein Paar. Dort schossen wir auch dieses Foto über meiner Werkbank. Seitdem ist der Apfel unser Symbol. Das Symbol unserer Liebe.

Nach nicht mal 3 Tagen zog Laura zu mir. Sie hatte nicht mal gefragt, sie kam erst mit ein paar Klamotten, dann mit Möbeln und jetzt saß sie dort wo ich saß. So muss ich also aussehen wenn ich da sitze. Eine neue Erkenntnis. Wir küssten uns eine Weile aus Langeweile. Wir wussten ja sonst nichts miteinander anzufangen. Ich ging kurz in den Keller um den alten Schnaps meines Opas zu holen. Dort lag der Apfel. Ich erstarrte, seine Schönheit war unantastbar. Ich liebte ihn.
Nachdem wir 3 mal Sex hatten wurde mir wieder langweilig, sie jedoch schlief auf dem Boden nackt ein. Ihre geröteten Stellen erinnerten mich an den Apfel. Ich ging zurück zu ihn. Sie ähnelten sich sehr. Ich beschloss ihn an die Pinnwand der Werkbank mit einen Nagel zu befestigen und zu beobachten. Zu beobachten wie lange diese Liebe hält.

2 Tage später hatte Laura Depressionen. Kann ich ihr nicht verübeln, sie macht alles nur aus Langeweile schätze ich. Ich würde mich nicht um sie kümmern sagt sie. Ich versuchte zu Lächeln, sogar zu lachen. War wohl die falsche Reaktion, ich kenn mich mit solchen Situationen nicht aus. Aber irgendwas ist faul.
Ich ging in den Keller zum Apfel und in der Tat, leicht unten wurde etwas faul. Sind Laura und der Apfel eins? Ich musste das beobachten.

Tagsdrauf war Laura in der Schule, danach gingen wir zu ihren Eltern. Ich sollte mich ihnen vorstellen. Ich winkte verlegen als sie vor mir standen und sagte "Hallo Papa Laura und Mama Laura". Ihr Vater lachte, ihre Mutter sagte "oh, wie süüüüüüß komm rein". Eindeutig ihre Eltern, also keine Schwiegereltern. Beim Abendessen erzählte Laura nur von sich und bei jeder Frage die sich um mich handelte sprach sie für mich. Manchmal übertrieb oder log sie in den Aspekten. Ich ließ sie dennoch reden und nickte.
Hier sind keine Äpfel, ihre Eltern lieben sich wohl nicht. Wahrscheinlich alles aufgrund von Geld. Kinder machen Geld, sowie Heirat. Das muss so passen. Das Geld ist ihr Apfel.
Die Falten im Gesicht ihrer Mutter erinnerten mich an etwas. "Ich muss jetzt gehen, tut mir Leid". sagte ich und ging ohne weiteres wieder Heim.
Der Apfel begann Falten zu werfen, wie ihre Mutter. Ist unsere Liebe schon so alt, dass ich ihn gegen Geld eintauschen müsse? Ich verriegele die Tür und beginne nun meine Beziehung zum Apfel zu erhalten. Zum Schutz von mir und ihm und für Laura, glaube ich.

Im Laufe der Zeit wurde der Apfel braun, faltig und verlor ein wenig an Halt. Er glänzte war sah aber nicht mehr so frisch aus wie früher. Eher traurig, er wirkte beinahe verzweifelt. Genau wie Laura, die mich in der Wohnung suchte und nach mir rief. Laura machte meinen Apfel schlecht, diese Schlampe. Ich streichelte meinen Apfel und wünschte ihn eine gute Nacht. Dann schalte ich das Licht aus und starrte in die Dunkelheit bis ich einschlief.
Heute morgen knipste ich das Licht an. Da waren kleine Fliegen zu Werke die meinen Apfel befallen! Ich zupfte alle einzeln Weg und dachte dabei an Laura. Vielleicht schwärmen schon wieder andere Männer um sie, Männer die ihre Frucht ausnutzen. Nachdem ihr nerviges klopfen verstummte und ich die Eingangstür hörte ging ich langsam nach oben.
Nun stehe ich am Fenster und beobachte sie, wie sie auf der Straße mit fremden Männern redete. Sie umarmte sie länger als sie mich je umarmte. Aber sie kennt sie doch nicht? Sind das Fliegenmänner?
Ich werde sie nicht einzeln von ihr Pflücken. Nein, sie kann sich selber wehren. Nicht so wie mein Apfel.
Also gehe ich wieder hinunter und schaue ihm bei seinen Kampf zu, ich hoffe er wird wieder gesund.


Die folgenden Tage waren eine Qual.
Erst wurde die Form des Nagelapfels länger, dann tauchten Würmer und Maden aus seinem inneren auf. Da er ziemlich haltlos war wollte ich nicht schuld sein, sollte ich ihn verletzen. Ich verzweifelte leicht. Die Maden haben von ihm Besitz ergriffen. Die Würmer stachen immer wieder in ihn ein. Ich ertrug es nicht, ich musste mich ablenken.
Ich ging nach oben und erwischte Laura mit den Zwei Fliegenmänner auf meiner Couch. Sie haben sich zu Würmern entwickelt.
"Es ist nicht so wie es aussieht!" Schrie sie urplötzlich. Stimmt sie sieht nicht wie ein Apfel aus, und die Kerle haben keine wirklichen Wurmmerkmale.
Ich drehte mich also um und ging wieder zum Apfel.
Ich wusste nun das Laura an allem Schuld war. Sie stand zwischen mir und den Apfel. Sie schrie herum und die MadenMänner gingen anscheinend wieder aus dem Haus.
Nun kam Laura zum ersten mal in meinen Keller und sah mich und den Apfel. Ich versuchte zu lächeln, wusste aber dass ich ihr einen erbosten Blick zu warf.
Sie dachte jedoch es wäre wegen den Madenmännern.

Nach unzähligen Tut mir leids, die ich ignorierte, kam sie einen Schritt näher. "Fass bloß nicht meinen Apfel an!". Sie erschrack ein wenig. Hab ich sie getroffen, ja, ich bin ihr von Anfang an mit dem Apfel fremdgegangen. Das hast du davon du Madenkönigin.
"Deinen Apfel? Das war mal unser Apfel?". In ihren Ton lag leichte Empörung.
"Unsere Liebe war das, aber mein Apfel!" sprach ich kalt dem Apfel zugewandt.

Es klatschte und knarzte als sie gegen den Apfel mit flacher Hand schlug. Der faulig breiige Apfel zerplatzte und die Maden wuselten im Fruchtfleisch. Ich und Laura schrien gleichzeitig. Ich, weil sie unsere Liebe zerstörte, sie, weil sie den Nagel nicht bedachte der nun aus ihrem Handrücken nagte.
"Ist es der Apfel gewesen der daran Schuld war? Ich habe ihn dir geschenkt, er war ein Zeichen für uns! Was bist du nur so fanatisch auf ihn? Du hast ihn mehr Beachtung geschenkt als mir wie mir scheint. Ist dir nicht aufgefallen dass ich mir Sorgen mache? Ich liebe dich doch!"
Nun kam ich ins grübeln, was wenn sie Recht hat und mich wirklich lieben würde? Vielleicht hat der Apfel ja die Madenmänner geholt und mich nur verführt. Vielleicht war es der Apfel der mich beinahe hypnotisierte. "Diese Apfelschlampe" schrie ich und fegte die Überreste vom Tisch.
Dann schaute ich in die verzweifelten Augen von Laura. "Keine Sorge, jetzt bist nur noch du mein Apfel". Ihre Freude war ihr deutlich anzusehen. Aber das war auch das letzte mal dass ich sie mit diesem Blick sah.

Nun hängt Laura an der Wand, angenagelt an den Gliedmaßen und nackt. Ich musste sicher gehen, sie beobachten wie der Apfel. Ob unsere Liebe länger hält als die Zeit des Apfels. Wenn sie braune Stellen, oder Falten bekommt ist es vorbei. Ebenso wenn sie würmer bekommt oder Brei-Artig wird.
Ich konnte kein Risiko mehr eingehen.

Es ist nun der vierte Tag, an dem Laura geknebelt und angenagelt an der Wand hängt. Ihre Haut hängt langsam von ihr und die Knochen werden deutlich sichtbar. Ich schätze das ist menschliche Fäule. Ich werde sie morgen aufschneiden und nach Maden untersuchen. Sie ist alles was ich noch habe, und für sie zupfe ich die Maden einzeln aus den Körper. Denn sie ist mir mehr wert als der Apfel.

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