Meist nehme ich mein Adressbuch und rufe Personen an.
Gestern zum Beispiel Stefan B:
"Hallo wer ist da?" sprach Stefan. "Hab ich dir nicht gesagt du sollst nicht kiffen wenn wir im Urlaub sind?", brüllte ich.
"Vater wie .... was warum ich kiffe doch nicht!", man hörte die Lüge deutlich am zittern. "Und in der Chipstüte unter deinem Schreibtisch ist wohl kein Gras, dass du unter deinen Freunden aufteilst was? Lüg mich nicht an! Das ist das letzte mal das wir miteinander reden", ich machte eine Pause und atmete dabei sehr schwer. Mit einem sehr theatralisch verzweifelten Klang in der Stimme setzte ich fort:
"Mein Sohn, deine Mutter und ich haben beschlossen dich zu enterben und hier auf Ibiza uns heute Nacht das Leben zu nehmen. Also Fick dich".
Bevor er etwas sagen konnte legte ich auf.
Natürlich wusste ich von seinem Grasversteck, ich hab ja schließlich mitgekifft. Aber was mich wundert ist, dass er sich nicht einmal 30 Minuten nach dem Anruf schon umgebracht hat. Mit dem Gewehr seines Vaters hat er sein Hirn im Kleiderschrank an die Wände geschossen. Im Kleiderschrank! Was für ein Idiot stellt sich in einen Kleiderschrank wenn er sich das Leben nimmt?
Wie kann man nur glauben, dass man sich im Urlaub umbringt und davor seinen Sohn anruft und ihn dann noch mit einer Beleidigung zurücklässt?
Ich liebe mein Talent, mein Talent die Stimmen verschiedener Menschen am Telefon bis ins Detail zu immitieren.
Ich wäre ein toller Synchronsprecher. Aber das kann warten. Ich habe nicht mal wirklich Lust, meine Stimme für Figuren zu verschwenden die fiktiv sind oder einem geschriebenen Handlungsstrang folgen. Ich könnte nicht einen vorgegebenen Text herunter leiern. Ich liebe die Improvisation. Ebenso Liebe ich das spielen mit Gefühlen anderer. Die gesamte Schulzeit wurde ich verspottet, geschändet und erniedrigt. Ebenso verfolgt, gejagt und verprügelt. Ich gehöre zu den schwachen die kein wirklich tolles optisches Bild bewiesen. Nach der Schule verschwanden die Pickel, ich schnitt meine lockigen Haare kurz und hätte gute Chancen im jetzigen Weltbild akzeptiert zu werden. Aber ich vergesse nicht was man mir antat. Ich vergesse nicht was sie mir antaten.
Und nun werden sie dafür büßen. Mit Stefan habe ich ganze 9 von 39 in den Wahnsinn getrieben. 39 Personen einschließlich den 3 Lehrern, die es nur belächelten oder wegschauten wenn eine Person das leidliche Opfer seiner Mitschüler wurde.
Ein Blick durch das Bullauge und mein Verdacht bestätigte sich, zum Glück. Ein breites Grinsen in Fischoptik. Das ist Jack. Ich öffne die Türe wortlos. Jack der Grinsemann bringt drei Kartons Pizza und eine Tüte voller Geld.
"Wahnsinn Diggah, wir haben dank diesen Tod gerade genug Geld um zwei Playstation 4 zu kaufen!".
Jack war ebenfalls einer der Geschändeten. Er treibt den Profit durch mein Talent. Seit dem 3. Mord begann er Wetten mit den verbleibenden, sowie mit ehemaligen Schülern aus Parallelklassen zu vereinbaren. Wer stirbt als nächstes? Und natürlich gewinnt entweder er oder jemand aus den andern Klassen den wir mit 40% einweihen. Wir drohen diesen natürlich mit dem Tod damit er nicht plaudert.
"Wen nimmst du dir als nächstes vor? Thomas? Serkan? Michael?" fragte Jack freudig.
"Michelle B." antwortete ich ruhig. "Michelle? Aber die war doch gar nicht in unserer Klasse." Ich grinste, "Die Schlampe wollte mir keinen blasen. Außerdem würde dies das Muster der Morde etwas zerstreuen für die Polizeiarbeit". Jack nickte.
Nachdem wir gezockt und gegessen hatten, packte er seine Sachen und ging los um emotionale Informationen über Michelle herauszufinden. Heute plaudert ja so gut wie jeder seine Leiden gleich aus. Jack hat das aus Filmen gelernt. Meist sind es die Mädels die nur in einer Mädelsgruppe umherwandern. Es gibt immer die eine, die eher gezwungen dabei ist. Ihr Vertrauen muss man wecken. Und unter Alkoholeinfluss ist das ganze auch noch leichter. Man sollte nur immer schön anständig sein. Einfacher ist die Recherche im Internet. Hier kann man allein schon bei Facebook, nachdem man angenommen wurde mehr erfahren als die Person Unbekannten Menschen mitteilen würden. Sie sind sowas von naiv.
Am Sonntag werden wir 40€ auf Sascha wetten. Er arbeitet bei der Telefonseelsorge. Sascha hat vor kurzem seine Eltern verloren. Sie waren 2 der 3 Lehrer. Damit fing die Serie an. Sie wurden angerufen ein vermutliches Erbgrundstück zu beobachten. Unglücklicherweise waren sie nicht bedacht, die Reifen des Motorrads auf ihren festen Anzug zu kontrollieren. Bei Tempo 130 löste sich der Vorderreifen und beide starben mit den Körpern geplättet unter einem Autotransport-LKW.
Seit diesem tragischen Unfall wohnt Sascha bei seiner Freundin, die vor dem Unfall nur seine beste Freundin war. Es hat sich so ergeben. Es ist seine erste Beziehung und alles was er noch besitzt. Ohne sie hätte er alles verloren was ihm lieb ist.
Ich werde seine Freundin immitieren. Ich bin mir sogar sicher sie würde in ein paar Wochen sowieso ihn verlassen. Aber sie wäre gutherziger als ich. Freundschaftlich eben.
Vor dem Polizeibesetzten Haus von Stefan fährt ein Volvo vor. Das müssen Stefans Eltern sein. Sie haben noch nicht mal eine Ahnung was geschah. Sie werden sicher vermuten er wurde wieder in irgendeine dumme Scheiße hineingeritten. Es wird Zeit, dass ich mich dazu stelle und ihnen vorgaukel wie Leid es mir tut. Was er für ein guter Freund war. Vielleicht darf ich einen Blick in den Schrank werfen. Ich will den Schrank haben. Ich gab mein Blut seiner Faust, ich will mit meiner Faust nun das zerschlagen, woran sein Blut klebt.
Mein zweites Talent ist das Schauspielern. Ich denke kurz an die Empfindungen an Kindertagen und schon habe ich ein Gesicht wie 20 Tage Regenwetter. Ja, der Spiegel kann nicht lügen.
Vorhang auf für mich, den Boogieman des Telefons.
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